Wurden dem Landkreis Harburg bis Ende Februar noch wöchentlich bis zu 120 Personen zugewiesen, so sank diese Zahl zuletzt auf 20 bis 30 Personen pro Woche. Am 07. April 2016 teilte die niedersächsische Landesaufnahmebehörde mit, dass das Land bis auf weiteres den Kommunen maximal 500 Personen pro Woche zuweisen werde. Für den Landkreis wären das wöchentlich 18 neu ankommende Flüchtlinge.
„Dieser extreme Rückgang hat erhebliche Auswirkungen auf unsere bereits erfolgten Planungen zur Schaffung weiterer Unterkünfte“, sagt Landrat Rainer Rempe. „Um Leerstand und Vorhaltekosten zu senken, müssen wir jetzt schnell und zügig mit geeigneten Maßnahmen gegensteuern.“ Derzeit verfügt der Landkreis über 622 freie und bezugsfertige Plätze. Angesichts der vom Land Niedersachsen noch im Dezember vorgegebenen Quote von 2.040 Personen, die bis Ende Juli erfüllt werden sollte, plante der Landkreis den Bau und die Schaffung der erforderlichen Plätze.
„In konkreter Planung haben wir derzeit 1.900 weitere Plätze“, erläutert Reiner Kaminski, Bereichsleiter Soziales. „Bei einer wöchentlichen Zuweisung von 80 bis 120 Personen hätten wir damit die Kapazitätsgrenze schon Anfang August erreicht.“
Doch bei der jetzt angekündigten, deutlich reduzierten Zuweisungspraxis von 10 bis 30 Flüchtlingen pro Woche wäre zum Jahresende mit Überkapazitäten und einem Leerstand von mehr als 1.300 Plätzen zu rechnen. Um diese Situation zu vermeiden, hat die Verwaltung nun gezielte Gegenmaßnahmen eingeleitet. Alle Neuzuweisungen werden auf die freien Plätze in bestehenden Unterkünften verteilt. Neue Anlagen werden nur dann in Betrieb genommen, wenn keine weiteren Plätze für Flüchtlinge mehr frei sind. Außerdem werden keine neuen Mietverträge abgeschlossen, und bei bestehenden oder bereits abgeschlossenen Verträgen prüft die Kreisverwaltung Möglichkeiten zur Rückabwicklung, Kündigung oder Stornierung.
„Wir sind uns sehr bewusst, dass wir unseren Vertrags- und Verhandlungspartnern mit diesem Kurswechsel einiges zumuten, aber es wäre anderseits unverantwortlich, durch den weiteren Ausbau für nicht benötigte Plätze Mehrkosten zu Lasten der Allgemeinheit entstehen zu lassen“, betont Landrat Rempe. Selbstverständlich werde die Kreisverwaltung wirtschaftlich günstige Wohnräume beibehalten und geeignete Immobilienprojekte für die Integration von Flüchtlingen mit Bleibeperspektive weiterverfolgen. „Dabei erwarten wir, dass das Land die dem Landkreis Harburg durch vorausschauende Planung entstandenen Kosten auch erstattet“, so Rempe.
„In der aktuellen Situation ist eine verlässliche Prognose über die Entwicklung der Flüchtlingszahlen unmöglich“ ergänzt Reiner Kaminski. „Darum werden wir in jedem Fall einen Puffer von etwa 300 bis 500 freien Plätzen vorhalten“, kündigt er an. Die Kreisverwaltung hatte Bürgermeister und Kreispolitik bereits zum Wochenende über den Kurswechsel informiert und im Kreisausschuss am Montag eine klare Zustimmung zu den vorgeschlagenen Maßnahmen erhalten.